Der Merlefaktor

Einen Genetik-Eintrag gab es von uns über die Farbverdünnung bereits. Hier soll es jetzt um den Merlefaktor gehen, den sowohl unser Aussie-Rüde Phoenix besitz, als auch unsere Dackel. Ich selbst habe mir mein ganzes Wissen angelesen und möchte es in diesem Eintrag mit euch teilen.

 

Ich denke es lässt sich an einem Beispiel am besten erklären. Phoenix wäre ohne den Merle-Faktor ein schwarzer Hund, so wie Atlanta. Für die schwarze Fellfarbe zuständig ist Eumelanin. Der Merle-Faktor sorgt für eine Fehlfunktion des sogenannte Silver-Gens (Silver-Lokus-Gen, kurz Pmel17, dieses befindet sich auf dem Chromosom CFA10), welches dann für die Aufhellung von Eumelanin sorgt. Also wie bei Phoenix wird aus schwarz, dann das silber, grau und teilweise weiß.

 

Bei Atlanta sieht man sie noch besser, aber auch Phoenix hat die sogenannten Abzeichen in rostrot oder creme. Aber auch unsere Dackelchen haben ihre Abzeichen alle einheitlich in einer Farbe. Für diese Abzeichen ist das Phäomelanin zuständig. Da sich Phäomelanin nicht durch den Merle-Faktor beeinflussen lässt, entsteht an diesen Stellen keine Aufhellung der Grundfarbe und die Farbe bleibt wie sie ist, ohne Pigmentierung.

Atlanta, merlefrei in der Farbe "black tri“

Um weiter erklären zu können müssen wir erstmal ein bisschen ausholen.

Und zwar mit der Frage: "Was ist ein Allel?"

 

Ein Allel ist ein Abschnitt genetischer Information für eine bestimmte Merkmalsausprägung. Allele eines Gens liegen immer als Paare an. Ein Allel bekommt der Hund von der Mutter, das andere vom Vater. Es gibt also immer zwei Informationen gleichzeitig für ein Gen.

 

Ein Hund kann zwei gleiche Allele vererbt bekommen, das nennt man „homozygot=gleicherbig“ oder auch zwei unterschiedliche, dass nennt man dann „heterozygot=mischerbig“.

 

Bei einem homozygoten Gen (zwei gleiche Allele) wird natürlich diese Information an den gezeugten Hund weitergegeben.

Bei einem heterozygoten Gen (zwei unterschiedliche Allele) kann nur eine Information eines der beiden Allele beim Hund sichtbar werden. 

 

Ist das der Fall konkurrieren diese beiden Allele miteinander. Gewinner ist das dominantere Allel. Bedeutet, eins der Allele setzt sich durch und sorgt dafür, dass der Hund diese Information zeigt. Das andere Allel, welches sich nicht durchsetzen konnte, ist ein rezessives Allel. Diese Allele können ihre Informationen nur zeigen, wenn zwei gleiche Allele vorhanden sind (homozygot), wohingegen ein dominantes Allel sich sowohl homozygot als auch heterozygot durchsetzt.

Phoenix, mischerbig merle in der Farbe "blue merle"

Die Vererbung des Merle-Faktors ist intermediär. Was das bedeutet versuche ich nun darzustellen. Dazu müsst ihr wissen, dass ein dominantes Allel in der Genetik immer groß geschrieben wird, für den Merle-Faktor gibt es hier das große „M“. Für das rezessive Allel, also non-merle (kein Merle) steht dann das kleine „m“.

 

Dadurch dass die Allele immer als Paare angelegt sind, ergeben sich immer andere Kombinationen zwischen dominanten Allelen und rezessiven. Erhalte ich zwei dominante Allele, ist der Hund reinerbig-merle im Phänotyp.

(Die enormen Risiken, die das mit sich bringt, erläutere ich extra weiter unten.)

 

Erhalte ich ein dominantes Allel und ein rezessives ist der Hund mischerbig-merle im Phänotyp. Und wenn ich zwei rezessive Allele erhalte, besitzt der Hund im Phänotyp kein Merle.

 

Ich hoffe ihr könnt das anhand des folgenden Schemas verstehen. Blau dargestellt  ist der Rüde, rosa die Hündin und in der Zeile und Spalte in der sie sich treffen, sind die Nachkommen dargestellt mit dem Allel-Paar welches sie von Rüde und Hündin vererbt bekommen. Rot umrandet ist ein reinerbig merle farbiger Hund, der in die Kategorie "Qualzucht" fällt.

  M/m m/m
M/m M/M M/m
m/m  M/m m/m

Montana, mischerbig merle in der Farbe "black tan dapple"

 

Nun gibt es aber tatsächlich noch mehr Merle-Arten. Das erklärt sich gut an dem Testergebnis von Virginia und Missouri. Für unser Veterinäramt brauchen wir für jeden Hund, der in der Zucht zum Einsatz kommt einen Merletest. Also auch oder besonders von den Rüden, die decken. Bei den Hündinnen geht es darum, dass sie kein Doublemerle sind, also M/M. Und bei den Rüden geht es darum, dass sie komplett merlefrei sind, also m/m, damit bei unseren Welpen ebenfalls kein Doublemerle entstehen kann.

 

Auf jeden Fall wurde bei ihnen auf Mh, M, Ma, Ma+, Mc, Mc+ und m getestet. Auf den ersten Blick nur irgendwelche Buchstaben, aber jede dieser Buchstaben steht für eine Merle-Art.

 

Mh steht für harlekin Merle, M steht für Merle, Ma und Ma+ steht für atypic Merle, Mc und Mc+ steht für cryptic Merle und m steht für none Merle.

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Unsere eigene Nachzucht Alaska in "chocolate tan dapple"

 

Mh-harlekin Merle tritt in unterschiedlichen Varianten auf. Es kann zum einen als „Minimal Merle“ auftreten. Das bedeutet, der Hund ist fast komplett Einfarbig und weißt nur minimale und kaum sichtbare Merlestellen auf. Dann gibt es das sogenannte „Herding Harlequin“. Hierbei hat der Hund sehr große Schwarze Platten, Pigmentierte Bereiche können sogar unterschiedliche Schattierungen haben. Als drittes das klassische Merle. Also Harlekin Merle kann sich auch wie das normale Merle äußern. Als viertes und letztes kann es sich auch durch einen sehr hohen Weißanteil auszeichnen.

 

Das Harlekin Merle kann ohne einen von den Elterntieren vererbten, hohen Weißfaktor oder eine Merle-Dopplung, Pigmente zu weiß löschen. Also statt Farbe einen sehr hohen Weißanteil entstehen lassen. Damit einhergehend sind die Risiken für Blindheit, Taubheit oder Gleichgewichtsstörungen.

 

In meinen Augen ist es daher ein verdammt hohes Risiko mit einem Harlekin Merle in die Zucht zu gehen, bei dem es sich durch einen hohen Weißanteil äußert. Leider findet man zum jetzigen Stand noch sehr wenig über solche Merlearten, da sie noch nicht stark genug erforscht sind.

 

Da unser Phoenix nicht in die Zucht gehen soll, haben wir bei ihm keinen Merletest machen lassen, aber interessieren, ob sein hoher Weißanteil davon kommt, würde es mich schon.

 

Phoenix hat einen sehr hohen Weißanteil

Cryptic Merle (Mc, Mc+) ist die wohl unscheinbarste der Merlearten, denn es gibt keine Pigmentierung im Haarkleid des Hundes. Der Hund trägt es lediglich in den Genen. Er vererbt es also auch nur so und nicht wie das normale Merle, es kann also nicht zu Doppelmerleverpaarungen führen. Ohne einen Gentest ist diese Merleart nicht zu sehen.

 

Hier kann man leicht verwechseln, denn früher wurde das „versteckte Merle“ auch immer als cryptic Merle bezeichnet. Also wie im Absatz zuvor, das sogenannte „Minimal Merle“. Dieses ist ja das, für die meisten gefährlichste, denn der Hund ist merle, man sieht es nur augenscheinlich (fast) nicht.

 

Ich finde bei der Zucht mit Hunden, bei denen Merle in der Ahnenfolge auftaucht sollte ein Merletest vor der Verpaarung grundsätzlich Pflicht sein.

Unsere Hündin Missouri in der Farbe "chocolate tan dapple"

Nun etwas leichtere Kost. Das klassische Merle. Es äußert sich durch die aufgehellte Grundfarbe, gemischt mit den unaufgehellten Bereichen, also den Bereichen der normalen Grundfarbe. Bei dieser Merleart entstehen bei einigen Hunden die typischen blauen Augen. Aber nicht nur blaue Augen an sich können entstehen, sondern auch zwei unterschiedliche Augen, wie bei unserem Phoenix. Ebenso gibt es bunte oder marmorierte Augen, wie das zweifarbige Auge von Missouri.

 

Wusstet ihr aber, dass ein Hund auch blaue Augen haben kann ohne Merle zu tragen, bestes Beispiel ist hier der Husky. Die bekommen ihre blauen Augen auch ganz ohne Merle-Träger zu sein. Das selbe gibt es tatsächlich auch beim Australian Shepherd, allerdings ist es selten, dass dort nicht das Merle-Gen dafür verantwortlich ist.

Missouris rechtes Auge ist durch das Merle-Gen zweifarbig.

Atypisches Merle (Ma, Ma+) ist der Merletyp, bei dem die aufgehellten Stellen des Eumelanin nur schwach aufgehellt werden. Also hat man hier kein kontrastreiches Merlemuster, sondern eine eher verwaschen wirkende Fellzeichnung. Meistens wirkt eher nur die Unterwolle heller. Die Augen können beim atypischen Merle aber ebenfalls blau werden. Zu beachten ist, dass auch hier in einigen Fällen die Merlezeichnung nicht richtig erkannt werden kann.

 

Was uns zum wichtigsten Teil dieses Eintrages führt. Der Merle-Qualzucht, die durch Unwissenheit, Geldgier oder Unfällen erfolgt.

 

Unter der Merle-Qualzucht versteht man die Verpaarung zweier Merlehunde. Dabei spielt es keine Rolle welcher Rasse sie angehören. Wie oben in dem Kreuzungschema rot umrandet zu sehen, das Allel-Paar M/M.

Die Farbbezeichnung "chocolate tan dapple" ist nicht zu verwechseln mit einem "Double Merle"

Geht man jetzt nur von der Theorie aus, dann betrifft das pro Wurf mind. 25 %. Oftmals sind es aber sogar weit mehr als 25 % des gesamten Wurfs, die betroffen sind.

 

Bei diesen Welpen kommt es zu einem fast vollständigen Pigmentverlust. Das heißt, die Grundfarbe wird fast vollständig aufgehellt. Bezeichnet wird das Ganze auch als "Double Merle". Diese Hunde scheinen dann oft komplett weiß, haben rosa Nasen, die sich nicht im Laufe der Zeit noch dunkel verfärben, unpigmentierte Augenlider und in den meisten Fällen auch blaue Augen.

 

Leider sind diese Hunde tatsächlich bei Einigen sehr beliebt und die Verpaarung zweier Merle-Hunde in den USA leider noch immer erlaubt.

 

Durch den enormen Pigmentverlust kommt es bei diesen Tieren fast immer zur Blindheit und Taubheit. In den schlimmsten Fällen zu Verhaltensauffälligkeiten, Organschäden, es können Organe vollständig fehlen und die Tiere missgestaltet zur Welt kommen. Also genau das, was im Tierschutzgesetz auch als Qualzucht deklariert wird.

 

In Deutschland tritt diese Verpaarung meist nur noch bei unachtsamen und uninformierten Hobbyzüchtern auf. Leider ist das aber zum Beispiel der Grund, wieso unsere Zucht von unserem Veterinäramt so stark eingegrenzt wurde. Weil hier in der Umgebung in der Hinsicht viel falsch gelaufen sein muss.

 

Am gefährlichsten ist die Zucht mit ungetesteten Hunden, die das Gen tragen, bei denen man es aber nicht sieht. Hier kann es ohne den Nachweis aus dem Labor ebenfalls zur Qualzucht kommen. Daher empfehle ich immer, absolut IMMER, eine Probe ins Labor zu schicken, wenn ich das Gen nicht zu 100 % ausschließen kann.

Auch Atlanta könnte das Gen tragen, selbst wenn man es nicht sieht.

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